Speakeasy - Benny Roff
Speakeasy:
200 Underground Cocktails
Benny Roff / 208 Pages / October 2015
Dies wird wohl ein eher kurzes Barbuch-Review, da hier auch eine an sich eher simple Rezeptsammlung vorliegt, die schon in der Amazon-Beschreibung unter anderem mit ihrer handlichen Geschenkgröße beworben wird.
Der Autor verspricht eigentlich interessantes, Benny Roff, Chef in mehreren anerkannten Restaurants in NYC, San Francisco und im Kensington Place in London, widmete sich ab 2006 stattdessen Cocktails und leitete Jahre die australische Bar-Institution "Borsch, Vodka and Tears".
Der Titel, Untertitel und der Stil zeigen direkt deutlich, hier geht es viel um Klassiker, um das 1920s und 1930s Flair und damit wohl auch entsprechende Drinks, zeigt jetzt eher wenig Connection zu seinen Stationen, aber nagut, mal sehen.
Das Inhaltsverzeichnis liest sich denkbar simpel:
"Introduction", die wirklich in nur 3 Sätzen kurz erläutert, was Speakeasy eigentlich bedeutet
"Glossary of 1920s Slang”, eine Doppelseite, zugegeben sympathische und nette Erläuterung von 1920s Slang-Begriffen, also diversen damals genutzten Ausdrücken, die heute nicht mehr üblich sind, von hotsy-totsy (äußerliches Kompliment) bis half-seas over (sehr betrunken)
"Notes on Some Ingredients", zwei Doppelseiten zu vllt. 15-20 wichtigen Spirits, Likören und Vermouths, reine kurze Erläuterung, um was es sich überhaupt handelt
"Some Cocktail Equipment", vielleicht ein neuer Kürze-Rekord mit wirklich nur Shaker, Strainer und Mixing Glass erklärt
"Glassware", wie üblich die 8 wichtigsten Glassorten
"Syrup & Cordial Recipes", 7 Sirups und 2 Cordials kurz erklärt, die im Buch vorkommen
Und schon geht es danach zu den Rezepten, startend mit dem classic Martini. Hier ist eine etwas komische Eigenheit bereits zu finden, im Inhaltsverzeichnis wundert man sich bereits, ob nur 11 (Klassiker-)Rezepte im ganzen Buch sind. Aber nein, die Rezepte werden je nach Basisspirituose den Klassikern zugeordnet. Martini leitet also die Gin-Drinks ein, Sidecar später den Brandy/Cognac, usw. und im Inhaltsverzeichnis werden aber nur jene "Hauptdrinks" angeführt, was sehr verwirrend ist.
Die Rezepte werden ganz knapp angeführt, Name, Glas, Zutaten, Methode und nur eine 4-5 Wortbeschreibung, wie man sie manchmal in Cocktailsmenüs findet, z.B. “Tastes strong, sweet and aromatic”, weitere Infos gibt es keine. Auch dies führt teils zu Verwunderung, denn gibt es bei den doch sehr vielen Rezepten keinen einzigen Verweis auf die Originalquellen und Erfinder (an sich schon fragwürdig). Aber bei manchen Drinks bin ich mir auch nicht sicher, ob es überhaupt Vintage-Drinks sind oder von Roff in das Buch gebrachte. Alle lesen sich zwar, als könnten sie schon aus jener Zeit stammen, aber man findet zu manchen nicht einen einzigen Eintrag online, was mich unsicher und mit zu wenig Informationen zurücklässt.
Da die Rezepte eben sehr klassisch sind, hat man hier natürlich eine mit solider Hausbar gute Sammlung an easy-to-Make Drinks, außer den 9 Sirups & Codials (inkl. Simple Syrup, Honey Syrup, usw.) gibt es nichts an frisch zuzubereitenden Zutaten. Wobei es ein paar auch nicht in jeder Hausbar stehende Spirituosen gibt, Swedish Punch, China China, Byrrh, usw., nicht häufig, aber durchaus mal vorkommend.
Die Rezepte haben eine gewisse, interessante Range in ihrem klassischen Korsett, ich hatte schon sehr nette ausprobiert, wie den Fast Boat to Kingston. Aber es gibt auch sehr fragwürdige Kombinationen mit Gin + Orangensaft und Absinth im selben Drink, wie man es eben aber auch aus manchen Vintage Bar Books kennt und fast keiner heutigen Zunge schmecken dürfte.
Die Illustrationen sind nett, erinnern vom leicht abstrakten Comic-Stil an das PDT Buch, hier nur deutlich häufiger und auf quasi jeder Seite. Viel im Thema, Mafia, 1920s Leben, manchmal auch humoristisch.
Damit wären wir auch schon am Ende, denn nach den Rezepten kommt nur noch der solide Index.
Fazit:
Das Buch hat deutliche Kritikpunkte hervorgebracht, insbesondere jedes Fehlen von Quellen oder Anmerkungen ist nervig und teils fragwürdig, außerhalb der Rezepte gibt es quasi nichts, was an sich auch schon ein Kritikpunkt wäre. Mit dem Thema hätte man z.B. wenigstens 8-10 Seiten zu Speakeasy & Prohibition anführen können, aber nada.
So kann ich dieses Buch nur sehr eingeschränkt empfehlen, für fortgeschrittene Hometender eigtl. garnicht (außer vllt. für 3-5€ auf dem Grabbeltisch, für die wenigen interessanten nicht-Classic Rezepte dazwischen), maximal als nett designtes, kleines Geschenk für z.B. gerade erst beginnende Hobbyisten, die maximal bereits ein Basis-Bar Book mit Einführungen daheim haben.
Schade, von dem Autor dahinter dürfte man eigentlich spannenderes und solideres erwarten.