#2 | Jacque’s Bar, The Hoxton, Paris, France


Visit: Fall 2019

Zunächst einmal möchte ich ein wenig zu den Bar-Reviews allgemein verlieren. Ich habe mir gut und lange überlegt, bis wann ich in die Vergangenheit gehen soll, für ein zu postendes Review. Denn zumindest auf irgendeiner Ebene sollen die Reviews noch eine grobe Einschätzung für einen aktuellen Qualitätsstandard geben und dafür würden 5-6 Jahre alte Reviews oft eher weniger helfen. Auch wenn es natürlich nett wäre einen gesamten persönlichen Barverlauf hier vorzufinden, auch für mich persönlich, eine Art Rückblick in ein Bar-Diary, möchte ich mich da doch eher an dem Nutzen für die potentiellen Leser ausrichten. 2019, knapp 3 Jahre, erschien mir hier eine gute Wahl. Insbesondere durch Corona war ich alleine diesen Frühling/Sommer in vielen, auch international bekannten Bars, die immer noch ihr Sommermenü 2020 für diesen Sommer nutzten. Somit dürfte noch eine gewisse Nähe zum damaligen Stand bestehen.

Nun aber zur unserer heutigen Bar, meiner positivsten Überraschung meines damaligen Paris-Besuchs, die Jacques' Bar im The Hoxton, Paris.


Ich, wie auch einige Pariser Bartender damals, hatten noch garnicht von der Bar gehört zuvor. Gestoßen auf sie bin ich in Vorbereitung auf die Bartour nur, da ich nach hektischer Suche über noch neu zu entdeckende Bars auf eine Liste, ausgerechnet von VOGUE, stieß, über die 15 “schönsten” Pariser Cocktailbars (bessere Liste als man denken mag).
Das Hotel ist erstmal wirklich bezaubernd, Paris hat bei diesem Trip gleich doppelt gezeigt (eine weitere Bar lag in einem) wie Boutique-/Designhotel geht ohne zuviel Klischee und gewollter Coolness. Geschmackvoll, unaufdringlich, zeitlos elegant. Die Fotos werden dem Hotel nichtmal gerecht. Es ist komplett versteckt in einer schmalen Seitenstraße in einem noch ziemlich zentralen, gutbürgerlichen Viertel (der sicherlich für 80-90% der Pariser trotzdem unerschwinglich wäre). Ein schicker, an sich kleiner Bau wie man ihn in Paris oft sieht. Alte, recht kleine Stadtpalais die umfunktioniert wurden, vllt. so breit an der äußeren Fassade wie 3 normale deutsche Reihenhäuser nebeneinander. Man geht durch den Torbogen hinein und alles ist einfach nur offen, hell und wirkt nicht wie ein Hotel, sondern eine Design-Villa, die Tag der offenen Tür hat.


Zur Bar geht es schön weiter “versteckt” durch einen Innenhof und eine Wendeltreppe nach oben in den 1. Stock, durch eine Tür und schon wird man -nach dem Hotel selbst- wieder überrascht, von einer wirklich coolen Vintage-Tapete und einem kleinen, vllt. für maximal 20 Personen ausgelegten Raum mit tollen Modern-Retro-Sitzmöbeln und einer ansehnlichen, kleinen Hufeisen Bar, schönes Marmor auf altem Holz, an der gegenüberliegenden Wand.


Die Karte ist klein aber fein, eine Doppelseite mit roundabout 12-14 Drinks, dahinter typisch längere Spirituosenliste und Wein/Champagner für solch ein Hotel. Wobei diese Kartengröße auch absoluter Standard in Paris ist, ähnlich Tages-/Wochenkarten in Restaurants, ist es eher schwer eine gute Bar zu finden, die mehr als 14 Drinks hat. Dies dafür mind. halbjährlich, teils sogar für alle 4 Saisons. Ein großer Vorteil, statt (wie früher von mir bevorzugt) mehr Drinks (oder sogar auch nur die Pariser Menge) und dann nur alle 1-2 Jahre wechseln, dabei noch manche drinlassen, usw. wie ich es öfter in Deutschland sehe.
Aber zurück zur Bar selbst, sie wirkt wie eine Mischung aus altem britischen Wohnzimmer (50er bis 60er) mit etwas Kolonialstil durch die Theke und Schränke und dann den wiederum offensichtlich sehr modernen Interpretationen von Retro-Designs in manchen Möbeln, aber irgendwie passt alles zusammen und wirkt direkt gemütlich, als wäre man schon das ein oder andere Mal doch hiergewesen.

Das Thema der Karte war damals eine Weltreise und sollte die kommenden Monate noch mehr dahin ausgebaut werden, mit konkreten Stationen in Form einer Reisekarte mit Verlauf ausgearbeitet, usw. Unter dem Review selbst könnt ihr noch das Menü von damals sehen, am besten am PC zu lesen.


Ich hatte den "Mahatma Chai" als erstes, ein Milkpunch mit Rhum Agricole, Sake, Chai-Tee Sirup, Limette, usw. und wurde direkt von der Präsentation fast ein wenig erschlagen. Auf der Schale im Bild war noch ein riesiger, wie eine Trompete zulaufender Keramikdeckel der abgenommen wurde. Nun bin ich ja Freund besonderer Präsentation, doch muss ich zugeben, als fast einzige Kritik des Abends, dass es etwas nervig war aus dem so gewölbten Glas mit dem riesen Eiswürfel zu trinken, da er einen immer oberhalb der Oberlippe deutlich berührte ab der Hälfte des Inhalts. Der Drink an sich war top, ein Milk Punch der super funktioniert, er hat das gewollte seidige Gefühl der Technik perfekt übernommen und spielt im Mund mit Kokos, Reis, Chai und leichten Vanille und Bananennoten, ohne dabei sehr fruchtig zu werden, er schickt einen auf eine Kur in einem Luxus-Spa in Südostasien.


Als zweites hatte ich den "Lounge Lover", ein schön erfrischender Gin-Sour mit leichten Rosinennoten, der wirklich erst spannend durch den perfekt gemachten Champagner-Schaum wird, so hätte ich gerne öfter Gin-Drinks wenn ich schon mal welche nehme.


Nach über 30 Minuten sehr netter Unterhaltung mit dem offensichtlich über interessierte Gäste erfreuten Bartender, schrieb er mir noch 5 Tipps auf einen Notizzettel. Selbst das reichte aber noch nicht, er wollte dann noch meine Email-Adresse, an die er eine Liste mit satten 30 Empfehlungen von Cafes, über Bars, Restaurants bis zu kleinen Museen schickte und machte mir als Krönung noch auf's Haus eine kleinere Version des "Cool Rasta" (da ich zuvor zwischen dem und dem Gin-Drink länger entschied) im Nosingglas. Eine genau richtig balancierte Mischung aus eher trockenem Jamaica Rum, selbstgemachtem Holunderblütenlikör, selbstgemachtem Kokoslikör und Bitters, einer der "elegantesten" Rum-Drinks die ich bisher hatte.



So enden wir mit dem Fazit: Die Bar als auch das Hotel sind (bis heute wohl) ein absoluter Geheimtipp für alle Parisbesucher, bevor sie vielleicht mal in vielen weiteren Listen (verdient) vorkommen.


Das Menü damals:

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