#12 | The Clumsies, Athens, Greece
Last Visit: May 2023
Es gibt sicherlich keine objektive Möglichkeit, eine Rangliste von Bars zu erstellen und diese zu beurteilen, schon gar nicht im weltweiten Maßstab. Wir haben aber mit Freude festgestellt, dass Athen mehr zu bieten hat als nur die "großen Namen". Unser allererster Halt auf dieser Tour war "The Clumsies", die mit Abstand am meisten ausgezeichnete und besprochene Bar der Stadt. Sie ist seit Jahren in den Top 10 der "World's Best Bars" vertreten gewesen, und derzeit auf Platz 19 - ein schwieriges Erbe. Die Bartender selber haben über die Jahre mehrere Wettbewerbe gewonnen.
Ein großer Vorteil der Stadt ist die Tatsache, dass so viele Bars nahe beieinander liegen und sich die in den Vierteln des Nachtlebens die Restaurants, Pubs und Cafés stapeln, von denen viele von morgens bis spät in die Nacht Essen und Getränke anbieten. Das Leben spielt sich vor den Schaufenstern, auf den Dächern und zwischen dem letzten Kaffee und dem ersten Drink ab. Das Clumsies hat große offene Fenster und einen neonbeleuchteten Flur, der zum Innenhof führt, gerade luftig genug, um die Abendbrise zu spüren. Das Interieur ist zweckmäßig, die Bar ist mehr auf Effizienz als auf Ästhetik ausgerichtet. Das für sich ist natürlich auch eine Form der Ästhetik, mit dem ein oder anderen netten Detail. Der Name und das Konzept der Bar sind auf gewisse Weise in Ungezwungenheit verwurzelt. Die Anfänge der Bar gehen zurück auf schwierige Zeiten im heutigen Griechenland und die Beziehung zwischen den Gründern und ihren Stammgästen.
Cocktails können über die psychedelische Karte entdeckt werden, die darauf abzielt, die Aufmerksamkeit der Gäste eher auf der visuellen Ebene als über die Zutaten zu gewinnen. Das Thema "Emotionen" knüpft wieder an die gesamte Atmosphäre der Bar an. Man kann auch davon ausgehen, dass die meisten Besucher bereits eine Vorstellung davon haben, was sie wollen. Ein häufiges Phänomen in weltweit bekannten Bars. Ich erinnere mich an unseren Besuch im Employees Only in NYC vor vielen Jahren, als eine Gruppe von etwa 10 Leuten hereinkam und, ohne sich die Mühe zu machen, einen Sitzplatz zu ergattern, eine Runde der vorgefertigten Signatures bestellte (es könnte ein Margherita Twist gewesen sein) und mit gut gelaunten "Yaaays" wieder ging. Clumsies bezeichnet sich selbst als Bar mit hohem Gästeaufkommen, als "high volume bar", man muss also auch auf solche Gruppen vorbereitet sein, die hereinstürmen und erwarten, schnell bedient zu werden.
Happiness #3:
| Torfiger Whisky
| Zitrone
| Kardamom
| Minze
Über die QR-Codes in der Karte gefunden, schien dies ein lohnendes Experiment zu sein, um zu sehen, ob diese "geheimen Drinks" interessanter sind als die Hauptangebote. Ein angenehm getorfter Whisky Sour, bei dem die frische Minze oben in der Nase dominiert, während der Geschmack eine kräftige Kardamomnote aufweist. Etwas für den Start in den Tag, aber nichts Außergewöhnliches.
X-Tasis:
| Gebutterter Ron Zacapa 23
| Passionsfrucht
| Ananas
| Fermentierter Milchiger Oolong Tee
Schöne Noten von Minze, mit einem starken Beginn von würzigem, gebuttertem Rum, gefolgt von dunklem Toffee. Die Passionsfrucht sorgt für reifen Fruchtgeschmack und der Tee einen leichten Hauch von Rauch. Einer der besseren Drinks, der Teenoten auf elegante, aber offensichtliche Weise einbezieht und eine Zen-Qualität hat.
But First Coffee:
| Ketel One Wodka
| Kaffee
| Jasmin Met
| Mango
Ein starker Eindruck von nassem, frisch gemahlenem Kaffee direkt nach dem Aufbrühen, möglicherweise durch den Kontrast des Ketel One. Der Geschmack erinnert an ein Blumenbeet nach Frühlingsregen, und hier kommen die Früchte, der Jasmin und der Honig ins Spiel. Eine Abwandlung eines Espresso Martini, die ich als Kaffeeliebhaber natürlich unbedingt probieren musste. Umso überraschender ist das Ergebnis, wenn man bedenkt, welch immense Arbeit in der Entwicklung und Kreation dieses Cocktails steckt. Dazu gehören ein mit Kaffee versetzter Wodka, ein mit Wasabi versetzter Wodka, ein Honigwein mit Jasmintee und brasilianischem Kaffee sowie ein Mangowein. Alle diese Produkte sind hausgemacht, und es gibt sehr genaue Anweisungen, wie die einzelnen Zutaten zu verarbeiten sind. Der Cocktail war zwar kräftiger als einige der anderen Drinks, die wir probierten, leidet aber auch unter einem Mangel an Komplexität der Aromen.
Bee's Gifts:
| Bulleit Bourbon
| Met-Honig-Essig
| Haselnuss
| PX Sherry
Komischerweise ist dies der Cocktail, der mehr für eine Reihe von Kaffeearomen steht, als der Drink mit "Kaffee" im Namen. Der getreidelastige Bourbon bildet eine breite Basis für Honig, Säure und nussige Noten, während der PX die Süße in sich vereint und ähnliche Profile bietet, wie man sie bei der Verkostung von Specialty Coffees finden würde.
Zu all diesen Cocktails ist zu sagen, dass die Präsentation und die Gläser minimalistisch gehalten waren. Zu unserer Überraschung war das Eis in der Regel eher klein, was aber, um ehrlich zu sein, bei einigen dieser Cocktails ohnehin keinen großen Unterschied macht, da sie eher verzeihende Geschmacksprofile aufweisen, die sich mit oder ohne Verdünnung oder Temperatur nicht viel verändern. Eine Ausnahme war der Bee's Gifts, der mit recht kleinem Eis serviert wurde, das den Drink zu schnell stark verwässerte, ein Problem bei den hier wichtigen, präzisen Geschmacksnoten.
Der Service ist ebenso unkompliziert und auf den Punkt gebracht, wie das Interieur und die Zusammenstellung der Backbar. Es gab nicht viel Gelegenheit zum Reden, alle Fragen zu Verfahren und Zutaten wurden schnell, aber kurz beantwortet. Wir hatten gehofft, dass, wenn wir früher kämen, mehr Raum für ein Gespräch und ein tieferes Eintauchen in den Prozess möglich gewesen wäre. Auf der Karte wird allerdings auf die hausgemachten Weine hingewiesen. Über die Flaschen hinter dem Tresen ist auf den ersten Blick nicht viel zu entdecken, größtenteils eine von Diageo kuratierte Landschaft. Vergleicht man das mit der atemberaubenden Wand aus Mezcals und Tequilas zum Beispiel im Barro Negro, scheint die Idee von The Clumsies die Aufmerksamkeit der Leute eher auf die eigene Begleitung zu lenken als auf die Bar.
Man kann gar nicht genug über das Essen in der Stadt sagen, und das ist in jeder Bar zu sehen. Während weiter nördlich oder östlich in Europa meist nur Hotelbars es sich leisten können, richtiges Essen anzubieten, gibt es in Athen, und im Clumsies als erstem Beispiel, alle Arten von Optionen, mit und ohne Fleisch. Wir hatten eine fantastische Auswahl an Trüffel-Burgern sowie gebackenes Brot mit Käse, Tomaten und Knoblauch.
Clumsies hat auch eine eigene Bottled Cocktail Line, mit Versionen ihrer beliebtesten und bekanntesten Drinks, deren Design an Parfüms der großen spanischen Bekleidungsfranchises erinnert. Da es sich beim Clumsies um eine "Franchise"-Marke mit einem gewissen Bekanntheitsgrad handelt, war es nur logisch, zu expandieren und einen zweiten Standort zu eröffnen: The Line, weiter südwestlich in Richtung Hafen gelegen. Wir waren auch dort und werden demnächst unsere Gedanken dazu veröffentlichen. Eines der Hauptkonzepte, für das dort aktiver geworben wird, ist die Fermentierung in Form von Weinen, die entweder im Keller des Clumsies oder im The Line oder in beiden stattfindet. Es wäre schön gewesen, mehr davon in den eigentlichen Drinks zu spüren und nicht nur als Mittel zum "Pre-Batching" von Cocktails aus Effizienzgründen.
Welches sind nun die Kriterien, die so viele Institutionen dazu veranlasst haben, The Clumsies ganz oben auf ihrer Liste zu platzieren? Ein Thema, bei dem wir wieder am Anfang dieses Artikels angelangt sind, denn wir wissen, dass jeder Mensch andere Erwartungen und Vorlieben an eine Bar hat. Meiner persönlichen Meinung nach bietet das Clumsies einen großartigen Ort, an dem man sich treffen kann, mitten in einem trendigen Viertel der griechischen Hauptstadt, eine Nachbarschaftsbar mit einer angemessenen Qualität der Zutaten und fairen Preisen. Die Drinks sind nie zu kompliziert, um von Erstbesuchern oder Touristen aus aller Welt genossen zu werden, und ich glaube, dass es tatsächlich Konzepte auf der Karte gibt, die auch die erfahrensten Bar-Flies zufriedenstellen würden. Es ist jedoch schwierig, diese zu entdecken, wenn die Zeit knapp ist und das Personal nicht zur Verfügung steht, um zu helfen.
Teilt gerne eure Erfahrungen mit, wenn ihr im The Clumsies wart, und haltet die Augen offen, wenn unsere anderen Artikeln aus Athen auf der Page erscheinen.
Cheers /jf