Alchemy in a Glass - Greg Seider


Alchemy in a Glass:

The Essential Guide to Handcrafted Cocktails

Greg Seider / 176 Pages / May 2014


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Greg Seider ist eine Art Prototyp des modernen Bartenders und der Generation, welche die goldene Renaissance begonnen hat.
In Europa vllt. nicht ganz so bekannt wie ein Morgenthaler, Boudreau oder Meehan, kennt er insbesondere letzteren (Gründer der PDT Bar) sehr gut und hat ein Vorwort in höchsten Tönen von ihm erhalten. Auch sein Lebenslauf ist typisch, bereits vor dem Beginn des modernen Bar-Aufstiegs arbeitete er in bekannten Gastronomien und machte frühe Craft-Cocktailmenüs in NYC, Miami und LA, 2009 folgte dann die eigene Bar, die Summit Bar, die vom NY Magazine zur neuen Bar des Jahres nominiert wurde. Später schaffte er auch Barmenüs für unter anderem 3-Sterne Restaurants in LA.

In der Einleitung nach jenem Vorwort erzählt er ein wenig von seinem Werdegang, auch recht typische Geschichten aus der Kindheit, wie früh man anfing Dinge zu mischen, zu seiner früheren Karriere in überlaufenen Hotspots in den 90s zu den ersten hochkulinarischen Erfahrungen, die einen inspirierten. Auch hier beginnt er schon ein wenig Kritik an manchen Bars anzubringen, die ihre Ratios nicht gut einhalten oder exotische Zutaten nutzen, ohne sie zu verstehen. Seine eigene Philosophie beginnt er ebenso bereits zu beschreiben.

Es folgt ein kurzes Kapitel zu jener Philosophie und wie er empfiehlt Drinks zu betrachten und zu kreieren, interessant ist seine doch recht untypische Beschreibung von Cocktailbestandteilen:

"Every drink is made from the same four sequential layers: foundation, dimension, finish and the x-factor. The magic, however, is in the details."

Diese erläutert er etwas genauer und nutzt sie (wenn auch nicht exakt und mit diesen Namen) später auch in den Rezepten. Außerdem folgt eine Mini-Tabelle, wie es später auch das Death & Co groß ausbauen sollte, zu einer "foolproof-formula for shaken drinks".

Einer der Classics in der ersten Rezepthälfte

Daraufhin startet auch schon direkt der Rezepteteil, ohne jede Bar-Einleitung zu Gläsern, Utensilien, etc., diese folgen erst danach.

Der erste Part der Rezepte ist den Klassikern gewidmet, 23 nach seiner Einschätzung quintessentielle Drinks und seine liebste Zubereitungsweise. In den Texten dazu geht er schlicht wie in vielen Büchern kurz auf die Ursprungsgeschichte der Drinks ein, so weit, so langweilig mit 23 Klassikern als länger aktiver Hometender. Was diesen Teil trotzdem noch rettet für Leute mit bereits zu vielen Barbüchern, ist wie erwähnt seine spezielle Zubereitungsweise und die Aufschlüsselung der Drinks in Tabellen.

Wie später auch bei den Signatures, sotiert er die Rezepte bzw. Zutaten in die Kategorien (Spirit, Bittes, Sweet, Sour, etc.), was Anfängern sicher helfen kann die Strukturen besser nachzuvollziehen. Gleichzeitig macht es diese jedoch auch deutlich nerviger zu lesen, da zwischen jeder Zutat eine Tabellenlinie ist, insbesondere da die Zubereitung eine weitere Tabelle ist, wo Glas, Garnish und dann nochmal die Ersatzprodukte auch je mit Linien getrennt sind.

Diese Ersatzprodukte sind, und dies klingt kritischer als es soll, übrigens mein großes Highlight des Buches. Insbesondere die Classics Sektion hat hier ihren Wert, denn in jedem Rezept des Buches werden neben der Marke im Rezept mind. 2-3 weitere Ersatzmarken empfohlen, mit denen der Drink auch besonders gut funktoniert, wie intendiert. DAS sollten meiner Meinung nach ja fast alle Barbücher haben, findet man aber quasi nie (TIKI von Shanon Mustipher fällt mir noch mit 1-2 Vorschlägen pro Rezept ein).

Die vllt. 2 simpelsten reinen "Riffs", sonst gibt es spannenderes

Nach den, durchaus aus verständlichen Gründen ausgewählten, Klassikern, kommen also die Signatures, oder "Alchemy" wie es hier genannt wird. Das hat 9 Jahre nach Erscheinen des Buchs einen etwas klischeehaften Beigeschmack, aber was soll's. 26 sind es, mit den Klassikern also knapp 50 Rezepte plus einige Punches später, solide.

Für quasi alle Signatures wird man mal zum besseren Supermarkt oder Asia-Markt gehen müssen, dann dürften sie jedoch wiederum auch fast alle machbar sein. Das Buch stammt ja auch von 2014 und ist schon vorsortiert an Hometender, entsprechend wird viel mit Infusionen gearbeitet, anspruchsvollere Techniken kommen fast nicht vor. Sowie sein Liebling, spezielle Sirupmischungen statt normale simple syrups oder Agavendicksaft, besonders gerne benutzt er einen Agave-Mix, teils spiced, usw.
Auch hat eben fast jeder Drink dann den einen Gewürzkick oder ähnliches, eben jener X-Factor, den er ja zu Beginn meinte, diese wird man auch oft besorgen müssen. Beispiele für die "Seltenheit" wären Pinker Pfeffer, Chinarinde, Kardamom, usw., wie gesagt alles etwas, das man in guten Supermärkten oder eben Asia-Märkten schnell findet.

Es folgt ein kurzer Abschnitt zu Punches, mit allgemeinen Tipps, was man hier beachten sollte und es einem einfacher macht welche zu erdenken oder vorzubereiten. Dazu 4 Rezepte, die durchaus ansprechend klingen und nicht zu kompliziert sind.

Daraufhin der obligatorische Abschnitt, in dem die Infusionen, Premixes, Tinkturen usw. beschrieben werden. Hier zeigt sich wie gerne er damit arbeitet, 10 Seiten voll damit für die 26 Signature Rezepte. Jedes Rezept nutzt sie quasi.

Die ebenfalls obligatorischen kurzen Seiten zu Tools, sowie Tipps zum Shaken und Stirren folgen (je eine Doppelseite), dann noch "Seider's Chosen Ones", schlicht seine 2-3 Markenempfehlungen pro Base Spirit & ein paar Liköre, für die Hausbar.

Damit wären wir auch bereits beim soliden und einfach zu nutzenden Index und am Ende.


Fazit:

Greg Seider's Buch ist eine gute Empfehlung für Hometender, die eben gerade die Schwelle vom Anfänger zum fortgeschrittenen Interessenten überschritten haben und bereit sind, auch mal für einen Drink zum Asia-Markt zu gehen, aber eben gleichzeitig noch kein teures oder aufwendiges Equipment besorgen möchten. Insbesondere die Marken-Ersatzempfehlungen sind ein Traum, die Aufplitterung der Rezepte in Tabellen schadet mehr in der Lesbarkeit, als dass es nutzt, meiner Meinung nach. Die Fotos und das Design an sich sind solide, nicht mehr, nicht weniger. Das doch sehr kleine Format schadet da ein wenig. Für einen günstigen Preis kann ich es jedem als interessante Rezeptsammlung für leicht Fortgeschrittene empfehlen, insbesondere Fans von Gewürzen.
(inzwischen scheint es jedoch recht selten geworden zu sein, da ja auch schon älter)

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