Bitters - Brad Thomas Parsons


Bitters:

A Spirited History of a Classic Cure-All, with Cocktails, Recipes, and Formulas

Brad Thomas Parsons / 234 Pages / November 2011


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Bevor ich mir erst vor kurzem dieses Buch bestellte, hatte sich Brad Thomas Parsons bereits mit seinem anderen (später erschienenen) Werk zu Amaro in mein Herz geschrieben. Seines Zeichens freischaffender Autor, mit Universitätsabschluss in kreativem Schreiben, hat er für diverse bekannte Kulinarik-Magazine und Publikationen geschrieben, sowie Seminare, Talks und Master Classes in Italien und quer durch die USA abgehalten. Insbesondere in seinem wiederum neusten Buch ("Last Call") wird klar, wie gut er mit gefühlt jedem crafty US-Bartender befreundet oder zumindest bekannt ist.

Direkt wenn man dieses Buch in die Hand nimmt, fühlt es sich schon an als hätte man einen lohnenden Kauf hinter sich. Der dicke, solide Einband, die Details auf den "Zwischenseiten", das leicht raue, etwas dickere Papier, die Fotos mit diesem herbstlichen Hipster-Charme, wie man ihn z.B. aus handmade Jeans-Geschäften kennt, alles in hölzernen Tönen, mit ein wenig Orange und Rot. Selbst wenn das alles mit dem leichten Vintage-Charakter vllt. nicht den Geschmack des modern-minimalistischen Bartenders trifft, hat man direkt ein Gefühl für die Wertigkeit und Detailliebe, die hier offensichtlich reingeflossen ist von allen Beteiligten.

Das Rezept für die hausgemachten Orange Bitters

Begonnen wird mit der obligatorischen Introduction von Mr. Parsons, in denen er auf 3 Seiten kurz wechselt zwischen seiner persönlichen Bargeschichte (er hat durchaus als Student mal in einer gemixt), seiner Verbindung zu Bitters und den damals letzten 10 Jahren Bar-Renaissance.

Daraufhin eines der Highlights, eine Zusammenfassung der Bitters-Geschichte. Diese hätte für meine persönlichen Vorlieben (Geschichte-Liebhaber) sogar noch um einiges länger sein können, aber ich denke für den durchschnittlichen Cocktail-Interessierten werden diese knapp 15 bebilderten Seiten wohl genügen. Dort werden auch speziell mit je einer Seite die zwei historisch wichtigsten, Angostura und Peychaud's besprochen, die historisch zugesprochenen Heileigenschaften von Bitters und eine nette, längere Anekdote zur Angostura Apocalypse 2009-2010, als in den USA eine regelrechte Panik und Ausverkäufe von Angostura auftraten.

Darauf folgt ein Kapitel mit Namen "A Bitters Boom", direkt aus der Historie überleitend mit den letzten Jahren Bar-Boom, werden hier schön ausführlich alle (2011 bereits verfügbaren, nicht vergessen) wichtigen Bittersmarken aufgeführt mit kurzer Historie über insgesamt 4-5 Seiten. Darauf noch Absätze dazu, wie man Bitters tasten sollte, dem "Überangebot" an Bitters bzw. einigen Gedanken dazu und mehr.

Das für viele wohl wichtigste Kapitel beginnt hier, "Making your Own Bitters". Nach kurzen, einleitenden Worten wird das wichtigste Gear genannt, sowie wie in anderen Werken zu Bitters die Unterscheidung von Flavouring und Bittering Agents erläutert, mit je ca. 15-20 Beispielen an Zutaten. 13 Rezepte für hausgemachte Bitters folgen, immer auf einer Doppelseite, nett aufgeteilt und mit ansprechenden Fotos/Details (siehe oben die Orange Bitters als Beispiel).

Die einfachsten haben neben Wasser/Zucker/Alkohol nur 3 weitere Zutaten, die komplexesten 10+. Außerdem wird immer mit Direktinfusionen gearbeitet, nicht wie bei z.B. "Handcrafted Bitters" mit vorgefertigten Tinkturen, um effizienter mit den Zutaten umzugehen.

Der Autumn Sweater, ein genialer Amaro-Drink & bereits hier vorgestellt

Zwischen den Bitters- und Cocktailrezepten befindet sich noch das obligatorische Bar-Basics Kapitel, nur das Nötigste, gut vorsortiert, Tools, Gläser, frische Zutaten. Interessant ist hier eine Doppelseite nach den Spirituosenmarken-Empfehlungen, über die essentiellen Bitters für die Hausbar, was Brands angeht. Pro wichtige Bitters-Kategorie je eine Marken-Empfehlung (erneut, nicht vergessen, wir reden von 2011). Die deutsche Marke The Bitter Truth schafft es hier z.B. mit ihren Creole und Celery Bitters hinein.

Dann sind wir aber auch bei den Drinks, die er speziell mit den 4 für ihn wichtigsten Drinks für die Bittersgeschichte beginnt, als "Bitters Hall of Fame", natürlich der Old Fashioned, Manhattan, Champagne Cocktail und Sazerac.

Es folgen die sogenannten "Old-Guard Cocktails" aka eben klassische, historische Cocktailrezepte, bekanntere wie der Bijou, Corn 'n Oil und sogar Negroni (Trick: optionale Orange Bitters), aber auch unbekanntere wie der Abbey Cocktail oder Old Hickory. Daraufhin listet er 30 neue, post 2000er Rezepte, manche bekommen eine Doppelseite (Foto + Rezept), manche Seiten sind zweigeteilt. Dies macht mit den Klassikern übrigens ordentliche 30+30+4 (die Hall of Fame) = 64 Drinks. Dort finden wir z.B. den oben zu sehenden und verlinkten Autumn Sweater, oder auch den ebenfalls hier gemachten Sawyer.

Logischerweise nutzen die Drinks alle Bitters in irgendeiner Form und sei es nur ein Dash. Nett ist, dass wenn teils die housemade Bitters genannt sind, trotzdem als Ersatz eine kommerzielle Marke empfohlen wird.

Als großes Finale; und dies finde ich ja immer klasse in Cocktail-Büchern, kommt noch ein ganzes Kapitel zu Bitters in der Küche, 20 Seiten von Chicken Wings bis Bitters Ice Cream!

Wir enden mit einer Doppelseite "Sources", meint einfach die Websites der Bitters-Marken, Tools-Shops, Spirit-Shops (USA) usw., eine Doppelseite mit über zwei Dutzend Bücherempfehlungen für den Cocktail-Enthusiasten und ein sehr gut angelegter und aufgeteilter Index.


Fazit:

"Bitters" ist das (fast) perfekte Grundlagenwerk, das man sich wünscht. Mit seinem späteren "Amaro" hat er die kleinen Kritikpunkte noch ein wenig mehr ausgefeilt, doch auch hier hat man quasi den idealen Erstkauf für den Bitters-Interessierten vor sich. Es ist ein wenig ein Mix aus allem, was dazu führt, dass man z.B. in "Handcrafted Bitters" wiederum eine gute Ecke mehr D.I.Y.-Rezepte vorfindet und insbesondere mehr Inspiration für eigenes Weiterkreieren, im "Handbook" wiederum eine noch genauere und informativere Aufteilung mit Rating & Skalierung zu den kommerziellen Bitters-Marken. Hier jedoch hat man einen mehr als soliden Rundumschlag und insbesondere die Menge und Auswahl der Cocktail-Rezepte ist herausragend, für so ein Buch zu einem eigentlichen Unterthema. Look & Feel lassen ebenfalls nichts zu wünschen übrig. Ich wünschte nur, dass es eine neue und geupdatete Version gäbe, denn soweit ich recherchierte, gibt es nur die eine 2011er Auflage.

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