Craft Cocktails - Brian Van Flandern


Craft Cocktails

Brian van Flandern / 140 Pages / April 2013


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Dies wird vermutlich das kürzeste Bar Book Review auf LiquidThoughts. Keine Angst, nicht weil es so einseitig schrecklich wäre, sondern abseits der Rezepte schlicht fast keinen Inhalt hat, bzw. bietet. Doch beginnen wir zunächst beim Verlag & Autor. Ersterer ist Assouline, ein sehr interessanter und spezieller französischer Verlag, der sich inzwischen großteils auf extrem, ich wiederhole, extrem teure Coffee Table Books fokussiert (wir sprechen von >500€ oder auch mal vierstellig), die in entsprechenden Edelkaufhäusern, Concept Stores, usw. ausliegen. Was dies anbelangt, haben wir hier quasi eine Ausnahme. Bei Erscheinen lag das Buch irgendwo bei den meist üblichen 30-40€ für so ein Buch. Die Bindung ist recht unüblich über Spiralen gelöst, das Papier sehr matt, wirklich außerordentlich hochwertig wirkt es nicht, jedoch auch nicht schlecht. Was man aber wohl direkt von den Bildern unten erkennt: Das Thema "Design" ist überall bei Assouline sichtbar, auf jeder einzelnen Rezeptseite, mehr dazu gleich.

Den Cuzco könnt ihr auch hier nochmal finden

Zunächst nochmal zum Autor des vorliegenden Werks: Brian van Flandern. Zwar heutzutage, zumindest in Europa, kein allseits bekannter Name, scheint er in Amerika insbesondere in den Anfängen der Cocktailrenaissance - also Anfang bis Mitte der 2000er Jahre - bekannt gewesen zu sein. Anfangs eher als Hobby und im Nebenjob als Bartender tätig, wurde er später auch hauptberuflich Cocktail Consultant und erarbeitete die Cocktailprogramme für zahlreiche hochwertigere Restaurants in den Staaten in den späten 2000ern. Später kam auch das Autorensein dazu, hier insbesondere seine inzwischen schon umfangreichere Reihe für Assouline, die 2009 mit "Vintage Cocktails" begann und direkt eine Auszeichnung gewann. Die Reihe wurde unter den selben, einfach zu merkenden Namen fortgesetzt, Tequila Cocktails, Whisky Cocktails, you get it.

Ich bin ja der erste, der mit seiner sehr umfangreichen Barbibliothek nicht mehr die in wirklich jedem Barbuch selben Texte zu Bartools, Tipps und Tricks sehen will oder ähnliche Einleitungen mit den immer gleich verlaufenden Geschichten. Aber was hier vorzufinden ist, habe ich tatsächlich so noch in keinem anderen Barbuch gesehen:

Tatsächlich eine halbe Seite Vorwort eines Branchenfreundes von van Flandern. That's it. That's literally it, es folgen sofort die Rezepte, danach noch eine Doppelseite Verzeichnis, in dem quasi zu jedem Rezept der Mixologe (seltsam, warum nicht wie üblich direkt am Rezept?) und das jeweilige Glas, wenn möglich mit Marke, aufgeführt wird. Letzteres finde ich tatsächlich super, trotzdem seine sehr eigene Idee dies so mitzuteilen. An jenen Gläsern merkt man übrigens wieder den Anspruch von Assouline, viel Rosenthal, Lalique und Versace findet man hier.

Die Seite nach jenem Verzeichnis ist bereits die letzte: Eine kleine Conversion Chart für Unzen und Milliliter, sowie Cups etc., die übliche Namensnennung in einer Danksagung an alle Helfer, fertig, das Buch ist durch.

Den La Vina haben wir bereits hier vorgestellt

Somit bleiben nur noch die Rezepte, die quasi wortwörtlich das Buch ausmachen, zu besprechen. In jenem Verzeichnis erfährt man über nachzählen, dass gute 60% der Rezepte von ihm selbst stammen, der Rest von bekannten Bars aus den USA. Ein sehr angenehmes Verhältnis, das originäre Cocktails verspricht und so eher selten zu finden ist, bei nicht-Bar-eigenen Releases von Cocktailbüchern, die sonst oft nur viel sammeln und mal hier und da eine Eigenkreation einstreuen.

Die Rezepte selbst bestehen ebenso aus einem angenehmen Mix, beginnend bei stirred Drinks und Sours die man zu 90% mit in jedem Spirituosengeschäft zu findenden Zutaten machen kann, ohne jedwede DIY-Beigabe, bis zu meist auch relativ einfach durchzuführenden Infusionen von Spirits. Mal hier und da sind leichteste Kochkünste für eine Zutat gefragt, jedoch ohne jedwedes Gerät (kein Sous Vide, kein Fatwashing, etc.).

Die zwei hier angeführten Rezepte sind auf jener einfacheren Ebene zu verorten, da ohne selbst herzustellende Zutaten, zählen aber auch tatsächlich zu meinen liebsten Drinks im Buch.

Was sich mir auf jenen Rezeptseiten so gar nicht erschließt: Ja, Design schön und gut, der Font ist an grobe Handschrift angelehnt, doch wieso bitte ist die jeweilige Größe der Zutaten so absolut 0 sinnvoll gewählt? Man beachte das obere Foto, den "Cuzco": Aperol wird mit 22,5ml riesig geschrieben, während die Hauptzutat, Pisco, in absoluter Kleinstschrift darunter steht. System? Eher nicht. Auch irgendwo seltsam und mit dem Design brechend: Wenn DIY Methoden benötigt werden, steht plötzlich ein kleiner Text in grauer, auch nicht einfach zu lesender Druckschrift irgendwo am unteren Rand. Ähnliches zählt für sehr selten zu findende Zusatzinfos, wieso an nur manchen (vllt. jedem 3.-4. Drink) Cocktails ein einzelner Satz Kontext unter dem Foto steht und bei anderen wieder nicht? Man weiß es nicht. Generell stehen sonst keine Beschreibungen oder Historie zu den Drinks dabei, schade.


Fazit:

"Craft Cocktails" ist eine durchaus solide Rezeptesammlung für die Hausbar, mit im Durchschnitt nicht zu langweiligen, aber auch nicht zu anspruchsvollen Drinks für etwas fortgeschrittenere Hometender. Nett abgestimmt im Verhältnis ist die Mischung aus van Flandern's eigenen Drinks und Rezepten anderer Mixologen. Das Design ist Geschmackssache, für mich ist es die ersten 1-2 Male reinschauen sehr unterhaltsam, bei mehrfachem Nutzen nervt es logischerweise eher, was die Lesbarkeit angeht. Außerdem besteht abseits der einen Seite Vorwort wirklich 0 Mehrwert außerhalb der Rezepte, nichts, nichtmal die Industriestandards zu Bar Tools, keine Tipps, Drinkbeschreibungen, nichts. Das sollte man definitiv bedenken. So bleibt insgesamt ein Eindruck in Richtung von "befriedigend minus" bis "ausreichend", zumindest zum ursprünglichen Preis. Die aktuellen Preise um 60€ - bis teils dreistellige Beträge - ist es natürlich nicht wert.

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