The Negroni - Matt Hranek


The Negroni: A Love Affair With A Classic Cocktail

Matt Hranek / 160 Pages / June 2021


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Diesmal besprechen wir eines dieser Cocktail-Bücher, die sich komplett um einen bestimmten Drink bzw. dessen Formel drehen. Immer wieder ein interessantes Konzept, wie ich finde, so gibt es inzwischen spezielle Old Fashioned, Martini, sowie einige weitere spezifische Bücher, von denen wir auch einige in Zukunft bewerten werden.

Alleine zu jenem Negroni gibt es im Übrigen inzwischen mehrere, das vorliegende, ein ziemlich kurzes, nicht zu empfehlendes von David T. Smith, sowie ein ähnlich langes (wie das hier besprochene) von Legende Gary Reagan. Doch nun endlich zu dem konkreten Werk von Mr. Hranek.

Wer ist Matt Hranek? Ich kannte ihn tatsächlich bereits vor dem Buchkauf und realisierte erst im Nachhinein, dass es dieselbe Person ist, die ich schon auf diversen Social Media Posts wahrgenommen hatte, oft mit Negroni und einem guten Stück Fleisch in jeweils einer Hand. Hranek ist unter anderem Magazininhaber und veröffentlicht das Gentleman/Lifestyle-Magazin „WM Brown“, schreibt auch immer wieder für andere Publikationen und ist inzwischen wohl am bekanntesten für sein sehr erfolgreiches Buch (auch in meiner Bibliothek zu finden) A Man & His Watch. Man sieht, die Interessen sind weit gelagert und erstrecken sich eben über die typischen Themen „Für den kultivierten Herren“, wie man es früher genannt hätte.

Eine der Zitat-Seiten

In der kurzen, 3-seitigen Einleitung merkt man auch bereits, dass hier jemand mit Schreiberfahrung sitzt, seine Texte lesen sich durchweg angenehm und anregend. Persönlich und doch mit einer eleganten Distanz, die kleinen, aber feinen Unterschiede machen es eben manchmal aus. In jener Einleitung fasst er auch in nur wenigen Sätzen die Mythen zum Negroni zusammen – etwas mehr Tiefe wäre nett gewesen – und beschreibt natürlich seinen Moment der Liebe auf den ersten Blick, was den legendären Cocktail angeht. Italien, Hotelbar (der Name des Hotels ist sogar inzwischen vergessen), la dolce vita in Reinform.

Diese Italienliebe und natürlich auch historisch gegebene Verbindung zum Drink wird auch wieder merklich im darauffolgenden Teil, der „The Essential Components“ kurz vorstellt. Das meint wirklich, dass, auf je 1–2 Seiten, überhaupt erklärt wird, was jeweils Bitter, Vermouth, Gin, Garnish und Ice sind bzw. ausmachen. Auch werden natürlich Tipps und Markenempfehlungen gegeben (großteils einfach erwerbbares, man darf keine große Geheimtipp-Liste erwarten), worauf man achten kann und sollte. Was den Wermut betrifft erklärt er natürlich, dass sein persönlicher Geschmack und seine Verbindung zu dem Moment in Italien ihn dazu bringt, dass er eigentlich ausschließlich italienischen Wermut nutzt, gleichzeitig schließt er anderes für den Leser nicht aus.

Ein Beispiel der Negroni Riffs bzw. Signature-Serves

Anschließend finden sich die Rezepte, je nach Zählung knapp 30 Stück, sortiert nach geografischer Lage der Bar. Darunter sind 3–4 klassische Abwandlungen bzw. Vorgänger des Drinks, wie der Americano und Sbagliato, sowie der Signature Serve des Autors. Bei den Rezepten, aber auch allgemein im Buch, ist der wichtige Faktor bzw. Mehrwert, dass fast immer konkret mit Marken gearbeitet wird und es darum geht, durch teils sehr feine Unterschiede die Signature Negronis zu unterscheiden. Da können auch mal 3–4 Rezepte fast die identische Negroni-Ratio nutzen, nur ist einmal der Gin, ein anderer, mal der rote Wermut, und so weiter. Mal gehen die Riffs etwas weiter, mit Mezcal oder als Frappé, insgesamt hätte ich mir bei einem speziellen Buch zum Thema jedoch noch ein paar progressivere Interpretationen gewünscht. Insgesamt bleibt eine Mezcalvariante (die sonst weiter eine Art Wermut, ob Bianco, Dry oder Red nutzt und einen Bitterlikör) oder ähnliche Spielereien das Kreativste im Buch, man merkt, es ist eben viel Respekt vor der Tradition des Originals da und das ist an sich auch ok.

Gleichzeitig führt dies auch natürlich dazu, dass das Buch eher Sinn ergibt, wenn man ebenso ein großer Negroni-Fan ist und eben bereit ist, konkret mehrere Varianten von rotem Wermut und verschiedene Gins zu besorgen zum Nachmixen. Lässt man sich Freiheiten mit dem „Ersetzen“ von Marken, ergeben 5–6 unterschiedliche Rezepte gar keinen Sinn mehr, da sie ansonsten dieselben Verhältnisse nutzen, wie bereits erwähnt.

Neben den Rezepten sind von Anfang bis Ende durch das ganze Buch übrigens stimmungsvolle Bilder und Fotos mit meist begleitenden Zitaten eingefügt, siehe das Foto oben. Das erstreckt sich von seinen Reisen bis zu historischer Campari-Werbung. Diese Zitate sind teils historische wie z. B. von Orson Welles, zum – you guessed it – Negroni, teils anscheinend (laut Online-Informationen) aus Interviews des Autors. Schade, dass da nicht mehr als die 2 Sätze dann abgedruckt werden. So geht es von Bartendern, zu Autoren und Anthony Bourdain.

Im Anschluss an die Rezepte kommt eine kurze Seite mit großteils typisch italienischen Snacks zum Negroni (ohne Rezept, einfach eine Liste an möglicher Begleitung), von Oliven zu konkreten Paninis mit bestimmtem Belag. Außerdem noch ein „Black Book“, meint hier eine Liste mit Bar-Empfehlungen für den zukünftigen Negroni-Besuch, passend zum allgemeinen Reisethema und alle von Hranek persönlich mehrfach besucht.

Damit enden wir mit einem kurzen Schlusswort dann auch schon im Buch.


Fazit:

Das Mini-Werk zum Negroni von Mr. Hranek fällt am Ende perfekt in die Kategorie „nett als kleines Geschenk“, in die inzwischen viele Barbücher-Releases der letzten Jahre fallen. Der Markt ist recht groß geworden, vielen wollen wenigstens mal was beigetragen haben. Das Buch ist nett aufgemacht, mit seinem merklichen Sinn für Design und Ästhetik durchzogen und man merkt die ehrliche Passion für den Drink. Ich wünschte nur, es wären noch 5–6 spannendere, etwas weitergehende Twists auf den Negroni aufgenommen worden, Progressiveres, Spannenderes. Auch 1–2 mehr Seiten zur Erfolgsgeschichte und insbesondere dem modernen Revival des Negroni wären angemessen gewesen. Für die 10–12 €, für die man das Buch öfter mal im Sale findet, kann man es aber bedenkenlos verschenken oder eben für sich selbst holen. Für Leute, die mehr Technik-Variation und Bar-Handwerk zum Negroni wollen, sollten eher zu Gary Reagans Buch zum Negroni greifen.

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