Rosé Vermouth - Gutemann Brände
Herkunft: Deutschland / 18% / Preis: ca. 22 € (0.5l)
Erst vor wenigen Tagen (März 2025) sind wir von unserer Bartour in Barcelona zurückgekehrt, mit seiner Tradition der Vermuterias, also Bars, in denen 90 % der Zeit Wermut auf Eis mit Orangenscheibe serviert wird. Das hat mich dazu veranlasst, mir eine der uns letztens zugeschickten Flaschen direkt nochmal näher anzuschauen. Den recht neuen Rosé Vermouth von Gutemann Brände, am schönen Bodensee.
Ich finde es ja generell immer spannend, wenn bereits hervorragende Brenner mit anderen Produktkategorien spielen. Gin, später auch Whisky ist bei vielen (neben natürlich der offensichtlichen Wahl von Fruchtlikören) immer der übliche Ablauf, Wermut ist dann doch nochmal einen Schritt weiter weg. Aber aufgrund der bereits gezeigten Erfahrung und der generellen kulinarischen Qualität deutscher Obstbrandkultur, bin ich hier immer direkt mehr gespannt auf so ein neues Produkt, als wenn beispielsweise ein Likör für sich als Eigenmarke auftaucht oder auch reine Importeure oder Bottler – statt eigentliche Brenner – von z. B. Gin/Rum plötzlich mit einem um die Ecke kommen.
Womit haben wir es also konkret zu tun? Interessant ist natürlich die Wahl, mit einem Rosé Wermut zu starten, der in Cocktails als Kategorie eher die untypischste der Kategorien (Dry, Bianco/White, Red/Sweet) ist und generell eher eine neue Erscheinung. Gleichzeitig ist er vielleicht der offensichtlichste in seiner Farbsprache, aber auch den Geschmacksprofilen, um auch neuen Interessierten direkt zu vermitteln, was man damit machen kann oder wohin die Reise geht. Roter kann direkt schwer wirken, Bianco ist generell recht untypisch in Deutschland (leider, denn mein Favorit), trockener schon mehr nur ein Cocktailprodukt hierzulande. Mit „Rosé“ verbindet man heutzutage dank des Weins selbiger Farbe natürlich die Leichtigkeit, Frucht, easy, macht eben Sinn.
Das Design gefällt, zeitlos, modern, gezielter Farbklecks, Gott sei Dank nicht zu anbiedernd an ein gewünschtes neues, junges Publikum oder absichtlich knall-sommerlich und erzwungen „locker“, wie so manch anderes „Sommer“- oder Aperitifprodukt. Außerdem ein sehr fairer Preis auch für die 0,5l, für ein in kleiner Charge in Deutschland gefertigtes Produkt.
Aber zum Inhalt natürlich noch die paar nötigen Worte, neben den ausführlicheren Tasting Notes unten. Basisweine sind Muskat-Trollinger und Spätburgunder. Interessante, spannende Wahl und schön, dass nicht (wieder) Riesling herhalten muss. Damit gibt es bereits genug, auch hervorragende deutsche Wermuts. Beide Weine stehen gut für Baden-Württemberg, wo Hagnau (Heimat der Brennerei) natürlich ganz im Süden liegt. Das Bundesland ist generell eher für seine Rotweine bekannt, auch Spätburgunder und er bietet sich natürlich als aromatischere Sorte für mehr Tiefe im Geschmack an. Muskat-Trollinger hat eine urige Geschichte, ungeklärte Herkunft, vermutlich Württemberg, an sich weltweit verbreitet, aber fast ausschließlich als Tafeltraube, in den USA mal als Süßwein, auch selten eben mal als …Na? Rosé!
Die bekannte aromatische Note des Muskateller-Parts in der Gleichung zieht sich bis in den Wermut. Ähnlich wie letztens bei der Vorstellung des Seven Keys Falernum musste die Versuchsreihe ran. 3 Personen, weiblich wie männlich, absolute Begeisterung zum Aroma im Tastingglas. Generell zeichnet sich der Wermut für mich durch den klaren Weincharakter aus. Hier wird der Basis schön Raum gelassen und man merkt auch die besondere Kombination an Rebsorten. Während in italienischen, roten Wermuts oft alles wie der „übliche“, schwere, Rotwein wirkt, kommt hier mehr fruchtig-eleganter Charakter mit. Auch die Balance im Hinblick auf Süße und Säure vom Wein ist sehr gut gelungen, zu schnell driftet alles mit „Rosé“ auf dem Label in Nascherei-Regionen ab. Spannend fände ich in Zukunft noch als Ergänzung eine vllt. zumindest limitierte Auflage mit noch etwas mehr Fokus auf 1–2 besondere Botanicals aus der Region z. B., sonst hat mich das Produkt aber sehr begeistert. Die dezenten Noten vom überdurchschnittlich genutzten Piment und Rosmarin kommen eher dezent, aber schön durch.
Unter den Tasting Notes findet sich noch ein Signature Drink, der Oaxacan Rose, mit dem ich den Charakter des Wermuts unterstreichen wollte. Mit einem Hauch fruchtigen Cachaça für die Fruchtnoten im Wermut, die Botanicals mit dem Luxardo weißen Bitterlikör verstärkend, aber nicht überwältigend und als spannenden Gegenakzent einen noch zurückhaltend rauchigen Mezcal.
Tasting Notes
Nose:
Wundervoll weinige Nase, die Weinbasis steht hier schön im Vordergrund, ätherische Noten von leicht angedörrten, roten Weintrauben, Rosenblüten, etwas kandierter Ingwer, pinke Grapefruitzesten, dahinter Wermutkraut und feine Kräuternoten, darunter Enzian, später mit Wärme kommen mehr beerige Noten, Preiselbeeren, sogar Himbeeren kommen dazu
Taste:
Was direkt auffällt: Klasse Süß-Säure-Balance, hat noch die Knackigkeit eines frisches Rosé Weines, dahinter aber die schon angedörrten, süßen Trauben, kandierte pinke Grapefruit, ein Touch wilde, rote Preiselbeeren, Wermutkraut, etwas hier eher sogar frischer Ingwer mit leichter Würze vom Piment, Zitronenmelisse, gedörrte Himbeeren, Rosmarin, bitter-fruchtiges Finish, glatt, nicht ewig lang, aber schön ausgewogen und mehrschichtig
Oaxacan Rose
Recipe:
- 45ml Rosé Vermouth (Gutemann Brände)
- 25ml Mezcal Encantado (or other not too smoky Espadin mezcal)
- 10ml Luxardo Bitter Bianco
- 5ml Cachaça
- 1 bsp rich simple syrup
- 1 dash Peychaud's Bitters
- 3–4 drops saline solution (or a tiny pinch of Fleur de Sel)
Combine all ingredients in a mixing glass with ice. Stir well and strain into a small, pre-chilled coupe or Nick & Nora glass. Express the oils of a grapefruit zest over the drink and slide it around the edges of the glass, then discard.
Die Flasche wurde von Gutemann Brände zur Verfügung gestellt, danke.