#26 | Woods, Cologne, Germany


Last Visit: May 2024

Das Woods in Köln feiert im Juli dieses Jahres (2024) sein 5-jähriges Bestehen, doch gibt es wohl wenig Bars, die nach so relativ kurzer Zeit schon das Gefühl vermitteln, sie wären schon ewig ein Teil der Bar-Community der Millionenstadt am Rhein gewesen. Das hat viele Gründe: Einerseits das einzigartige Interieur, das sich einem sofort einprägt und auf das wir noch zu sprechen kommen. Dann wie oft in der Branche die durchaus so einigen Bartender-Gesichter, die man schon hinter der Theke begrüßen konnte, die hohe Aktivität in den 2 Jahren Corona-Graus, die riesige Anzahl neuer Drinks in den wenigen Jahren … Ich könnte noch weitermachen.

Fotorechte: Woods Bar


Gegründet haben die Bar Simon Bach und ein Studienfreund, dessen Familie im Messebau tätig ist und das handwerkliche Können merkt man sofort beim Betreten der Bar (oder auch Hereinschauen durch das große Fenster an der schönen Fassade). Das Design mit extrem vielen, präzise ausgearbeiteten Holzelementen, insbesondere an der Decke und den Lampen – passend zum Namen – sprach sich so schon bei Eröffnung direkt herum und lässt bis heute jede neue Begleitung erstmal staunen.

Die Idee war von Anfang an eine Bar mit eigenem Charme und eigenem Charakter zu eröffnen und das ist definitiv gelungen. Es ist etwas kleiner und gemütlicher als manch anderen Bars, aber nie eng, außer an manch sehr gehyptem Special Event natürlich. Die besondere Linie zeigt sich auch im Menü, inhaltlich wie äußerlich, denn auch die ist genialerweise wundervoll in Holz eingebunden. Ursprünglich war sie insbesondere an einem Märchen-Thema aufgezogen mit Drinks wie „Ziegenpeter“, „Tischlein Deck Dich“, usw. (siehe Fotos unten), inzwischen zieht sich das nicht mehr durch jeden Drink, ein bezaubernder Touch bleibt jedoch, durch stets extra angefertigte Zeichnungen und nette Begleittexte, sowie andere grafische Elemente.

Fotorechte: Woods Bar


Die Drinks sind relativ gleichmäßig aufgeteilt, was Spirituosenkategorie und Stärke angeht, das typische „Für jeden etwas dabei“ trifft auch hier zu und sollte dies nicht reichen oder man zukünftiger Stammgast werden, gibt es immer genug Neues. Die oben erwähnten vielen Drinks in der kurzen Zeit? Nun, keine Bar schafft es so viele Anlässe zum Drink-Kreieren zu finden. Es gibt Drinks der Woche (die wirklich auch jede Woche neu sind, was gefühlt nur 1 von 3 Bars mit dem Konzept sonst schaffen einzuhalten), es gibt immer wieder kleine Brand-Events direkt mit 5 satten neuen Drinks auf einer Sonderkarte, ich würde behaupten die meisten Guest Shifts der Stadt und gefühlt zu jedem zweiten Feiertag einen Extra-Drink. Halloween? Grusel-Drink. Ostern? Oster-Drink. Legendärer Mangaka stirbt? Ehren-Drink. Weltschnitzeltag? Ok, just kidding, aber gefühlt könnte es demnächst auch passieren.

Truffle Pig aus Berlin, Raiza Carrera aus Barcelona, noIdea aus Zürich und einige mehr waren alleine die letzten 12 Monate da, Nork hat mit einem phänomenalen Event Korn-Drinks vom Team gesponsort, immer mal wieder Sonntags findet auch schon mittags ein Kaffeeklatsch mit Redbreast Whiskey und Kuchen & Snacks aus einem lokalen Café statt. Die kreative Energie begeistert und das schon seit Öffnung, auch wenn es immer „extremer“ wird was die Frequenz neuer Kreationen betrifft.

Zu verdanken ist das sicherlich auch dem neuen Head-Bartender, René Karthäuser. Seines Zeichens schon seit 4,5 Jahren im Woods, seit 2022 dann auch Vollzeit da und dann direkt letztes Jahr bei den Worlds50 im The Blend Scholarship Programm unter die Finalisten aus über 600 Bewerbungen gekommen und nach Singapur eingeladen worden. Doch auch abseits von ihm bzw. inzwischen dank ihm schafft es das Woods immer wieder gute Talente zu finden oder selbst auszubilden, was zu noch mehr Ausleben von neuen Ideen führt.

El Dorado

| Tequila
| Verjus
| Reis
| Kakao
| P.X. Sherry
| Geröstete Walnuss


Manchmal haben Bars ja wirklich diesen einen Signature Drink, der sich auch weiter rumspricht und man auch direkt mit früheren Gästen der Bar an ganz anderen Orten der Welt direkt darüber in Erinnerung schwelgen kann. Der El Dorado hat definitiv diesen speziellen Vibe für das Woods. Auch fällt er in eine Kategorie Drink, die mir besonders gefällt, da sie für die Kombination ungewöhnlicher und oft auch kulinarisch seltener in Bars auffindbarer Noten steht. Nämlich die, bei der man auf den ersten Sip noch nicht ganz sicher ist, ob man das jetzt genial findet oder erstmal nur weird. Letzten Endes landet man hier immer bei ersterem. Eine spannende Kombination aus frischer, nur leicht erdiger Agave eines Blanco Tequilas mit vietnamesischem Reisvodka, nur einem Hauch P.X. Sherry, weißem Kakaolikör und genau der richtigen Menge Verjus. Eine Kunst, die generell im Woods besser funktioniert als vielen anderen Bars: Verjus richtig portionieren. Hier balanciert er den Drink exakt mittig aus, frisch, seidig, feingliedrig und doch voller Aromen. Dazu als Highlight noch ein paar Tropfen geröstetes Walnussöl. Nicht zu vergessen die Praline, speziell mit einem lokalen Café erdacht zum Drink, mit weißer Schokolade, Kakao und Reis-Noten, mit etwas Salz darübergestreut serviert. Untypisch. Ein Traum.

Butterfly Effect

| Mezcal
| Chartreuse
| Holunderblüte
| Verjus
| Minzöl


Love at first sight. Zufälligerweise direkt nach unserer Wiederkehr aus Athen auf das Menü gekommen, brachte er mich mental direkt wieder zurück in meine geliebte Agavenbar dort, das Barro Negro. Im erweiterten Sinne an den Last Word angelehnt, knackiger, aber nicht zu überladen rauchiger Mezcal mit grüner Chartreuse, Holunderblütensirup, wieder genau der richtigen Portion Verjus und absolut nicht weglassbar: Einige Tropfen traumhaftes Minzöl auf den Drink. Aromengeladen, intensiv, erfrischend und herbal. Bleibt ewig zurück und füllt den ganzen Mundraum aus. Es braucht nicht immer crazy Kombinationen seltener Zutaten, manchmal reichen die nur präzise ausgetauschten Ingredienzien in bekannten Templates aus, um etwas ganz Neues, fantastisches zu kreieren. Vielleicht mein liebster Last Word Twist, den ich je in einer Bar bekommen habe.

Kassiopeia

| Clairin
| Chartreuse
| Himbeergeist
| Kokos
| Minze
| Soda

Als kein großer Fan von Longdrinks, freut es mich immer besonders, wenn mir dann einer doch mal zusagt und eben nicht wie für den Sommer oder easy-zu-trinken erdacht wirkt. So auch mit dem Kassiopeia, der mit dem Butterfly Effect oben neu ins Menü aufgenommen wurde. Man erkennt auch sofort, woran es liegt. Intensive, aromengeladene Zutaten zuhauf, Clairin, grüne Chartreuse, Himbeergeist und ein sehr schönes, frisches Cordial aus Kokosnuss, Minze und Limette sorgen für einen vollmundigen Drink, der zu jeder Jahreszeit genossen werden kann. Die Soda als Mitspieler lässt all den Aromen den Platz zur Entfaltung, was sehr wichtig ist.

Der vierte, gezeigte Drink steht eher symbolisch für all die fantastischen Made-to-Order Drinks, die ich im Woods hatte. Neben dem Seiberts, ist das Woods (was Köln betrifft) insbesondere durch Simon und René die Anlaufstelle für spannende, spontane Experimente und kleine Riffs. Im Bild ein am Tag des Artikelschreibens erst spontan gemixter Drink in der groben Idee eines Reverse Manhattan, 20 Jahre gelagerter weißer Port als absoluter Mainplayer, etwas Williamsbirne, Stork Rye Korn und ein paar Peychaud's Bitters. Flüssiges Gold voll gelber Früchte, Kräuterhonig, Birne, etwas Gewürze und einem ewigen Finish. Hier könnte man noch ein halbes Dutzend weiterer Highlights in die Richtung aufzählen.

Das Woods war und ist stets eine Bereicherung nicht nur für die Kölner Bar-Community, sondern auch deutschlandweit braucht man sich nicht zu verstecken. Hier wird auf sehr kleinem Raum Großes geboten und abseits der fantastischen Cocktails gibt es immer exzellente Gastgeberschaft, diverse Events, Special Drinks und was man sich sonst noch alles wünschen kann. Wegen Bars wie dieser ist Köln eben nur für seine Barlandschaft eine Anreise aus allen Ecken des Landes wert.


Ein kleiner Blick in die 5 Jahre mit dem Woods:

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