#50 | Zest And Spice, Cologne, Germany


Last Visit: Winter 2024/25

Für unser Barreview Nummer 50 inzwischen dachte ich mir, was passt besser als zurückkehren zu den Anfängen? Sowohl der ersten Stadt auf dieser Page, als auch der ersten Stadt fast 10 Jahre zuvor in meiner Reise durch die Barwelt und auch meine Heimat: Köln.

Hier hat im Frühling 2024 eine Bar, die die Barszene der Stadt die letzten Jahre mit ihren besonderen und exotischen Aromen stark mitgeprägt hat, das Toddy Tapper, sein neues Projekt vorgestellt: Zest and Spice.

Während das Toddy Tapper zumindest für Kölner Verhältnisse ein klein wenig außerhalb liegt im Norden, findet man das Zest and Spice sehr mittig und zentral, einen Kreuzübergang beispielsweise vom Ona Mor entfernt. Die Bar hat große Fenster nach draußen und wirkt passend zum eher easy-going Konzept einladend. Innen nicht zu schlicht, aber auch nicht zu laut oder fancy, nur dezent mit dunklen Hölzern und ein wenig natürlichen Materialien als Dekoration, auf den asiatischen Kontinent als Inspiration hinweisend.

Als es auf die Eröffnung zuging, war ich noch eher vorsichtig mit meiner Stimmungslage. Indika (Silva) vom Toddy Tapper und später auch Sam (Samuél Antonio-Bernardo), jahrelang Barchef im Toddy, hatten mir bereits ein wenig erzählt. Lockerer, ein wenig mit Augenzwinkern hier und da, sollte es werden in ihrer neuen Bar. In den Ohren eines Mixo-Nerds erstmal 1–2 Warnglocken, die dann los läuten und an 80 % easy Longdrinks denken lassen.

Gott sei Dank war dem überhaupt nicht so und während ich verstehe, was mit der „Lockerheit“ und so weiter gemeint ist, finde ich im Gegenteil in dem Jahr nach Eröffnung und insbesondere auf dem aktuellen Stand (mit erstmal einer komplett fertigen Karte), ist es ein genauso seriöses Angebot und vor allem auch für Barnerds interessante Bar, wie es das Toddy Tapper bei Eröffnung war.

Jene noch größere und einfachere Zugänglichkeit für Neulinge in der gehobenen Barwelt zeigt sich hier eher in den Details. Man setzt mehr auf simple, moderne Präsentation, auch wenn (schönerweise) nicht ganz auf Keramik oder ähnliches verzichtet wird. Andererseits wird vielleicht sogar ein klein wenig mehr auf coole Ideen für Gäste geachtet, sei es Drinks mit Wolkenschaum oder auch mal essbare Farbpigmente, mit denen man selbst mit Cocktailpick ein kleines Bild auf dem Drink verrühren kann, usw. Auch manch Gag zeigt sich im Drinknamen, wie der unten zu findende „Snickers“-Drink, „Don't Be A Diva“.

Ein an sich ja sehr simples, aber hier sehr gut passendes und ästhetisch direkt ansprechendes Element ist natürlich das Color-Coding, mit dem gearbeitet wird. Oben sieht man ein Foto noch ganz frisch kurz vor und bei Eröffnung, wo man als Gast schon einen Einblick in das Kommende bekam und darunter eine Seite des fertigen Menüs. Die verschiedenen Farben stehen für den möglichen Charakter eines Drinks, Intensität der Farbe für die Intensität eben dieses Aspektes. Nicht superkomplex, sondern eben einladend und für jeden schnell verständlich.

Das Menü umfasst dabei auch gute 16–18 Drinks inklusive einer kleinen nicht-alkoholischen Auswahl. Zusätzlich kommen immer mal wieder einzelne saisonale Drinks für kurze Zeit auf einer Sonderkarte dazu, sowie mal der ein oder andere ausgetauscht über die Monate. Fast noch wichtiger: Sam selbst steht aktuell hauptverantwortlich hinter der Theke und das bedeutet man kann komplett blind alles Mögliche an top tailor-made Cocktails bestellen. Für mich nämlich einer der Besten im Rheinland, was dies angeht. So ist er auch quasi komplett verantwortlich für das Menü und wie im Toddy Tapper wird natürlich bei quasi jedem Drink irgendwo mit der asiatischen Thematik, insbesondere Gewürzen (passend zum Namen) gespielt. Das ergibt meist selbst bei den sanfteren Drinks eine gewisse Mindestkomplexität, die man leider nicht immer in jeder hochwertigen Bar am „leichteren“ Ende der Karte findet.

Yasuke

| Peanut
| Banana
| Rice
|
Woodford Reserve Bourbon

Der Yasuke wirkte in den ersten Wochen und Monaten definitiv ein wenig wie der Posterboy des Z&S. Eine gut passende und direkt nachvollziehbare Kombi aus Erdnuss, Banane, Reis und Bourbon. Wie genau? Tatsächlich ist es kein klassischer Fatwash mit Erdnussbutter, sondern gesalzene Erdnüsse werden direkt, zerkleinert, mazieriert über Nacht im Bourbon und dann sehr fein gefiltert. Pürierte Banane wird geklärt und daraus ein Cordial gemacht, mit zusätzlicher Apfel- und Zitronensäure und der „Reis“ ist ein aromatischer Reisvodka. Ergebnis ist ein sehr schön balancierter Drink zwischen markanten Aromen, Frische und smoothness. Man hat eine feine, pikante Säure noch im Hintergrund, ungefähr so wie bei perfekt eingesetztem Verjus. Dann schöne Popcorn-Bananenchips-Noten, aber nie pampig oder zu süß werdend. Im Finish dann diese milchig, leicht mineralische Note von Reis wie bei manchen Sake, dürfte sogar noch einen Tick intensiver werden nach meinem Geschmack. Ein klasse „Allrounder“-Drink mit trotzdem spannenden Noten.

Sun-Ya

| Non-Alcoholic Vermouth
| Masala Spices
| Lime
| Non-Alcoholic Mionetto Prosecco

Den Cocktail wollte ich extra hier vorstellen, da er auch einen wichtigen Aspekt des Menüs verkörpert. Damit meine ich nicht nur nicht-alkoholische Drinks, sondern generell sehr low-ABV Cocktails oder eben auch welche ganz ohne %. Die werden durch den gekonnten Einsatz von Gewürzen natürlich gerade in so einer Bar wie Zest and Spice immer spannender als in manch anderen Drinking Spots. Hier haben wir den Martini Floreale, generell schon des Öfteren auch von einigen Bartendern als eines der besten non-alcoholic products beschrieben, kombiniert mit einem selbstgemachten Gewürzsirup mit typischen Masala Gewürzen. Dazu dann noch etwas Säure und nicht-alkoholischer Schaumwein aus Italien und man hat einen schönen Sipper, der die nötige, feine Komplexität aufweist, um auch ohne Alkohol Spannung aufzubauen. Als Tipp: Darum bitten, einen Barspoon mehr von dem Spice-Sirup hineinzugeben, dann fand ich ihn richtig klasse.

Don't Be A Diva

| Peanut
| Caramel
| Salt
| Mozart Dark Chocolate
| Woodford Reserve Bourbon

Ganz frisch im Menü ist finally noch ein echter Old Fashioned, yay! Denselben Erdnussbourbon wie den Yasuke nutzend, kommt hier dessen Salzigkeit der Erdnüsse auch noch viel deutlicher durch. Obendrauf bekommt man eine wirklich tolle, selbstgemachte Praline, angelehnt an ein Snickers (daher auch der Cocktailname). Die Praline ist schon top, mit intensiven Salznoten von Himalayasalz darauf und frischer Erdnuss. Der Drink überzeugt ebenso mit seiner präzisen Portionierung eben dessen. Denn das Salz gibt ein schön trockenes Gefühl im Hals, das den süßen Noten von etwas Karamellsirup und dem Bitterschokoladenlikör von Mozart, auf den so einige Bartender schwören, gut entgegenwirkt. So schmeckt er ausgewogen und insgesamt smooth-trocken, während man beim ersten Lesen erst den typisch deftig-süß-fettigen Old Fashioned erwartet. Hat mich sehr positiv überrascht, klasse Signature OF.

Feng Shui

| Szechuan Pepper
| Lallier Champagne
| Apple-White Tea-Cordial
| Champagne-Lemongrass-Foam
| Tanqueray No. 10 Gin

Zuletzt noch ein sehr schick präsentierter Drink, der schön elegant mit asiatischen Aromen spielt. Was mir noch mehr daran gefällt, er zeigt, dass nicht jeder einzelne Champagner-Drink direkt in einer Coupe oder Flöte serviert werden muss … Der Schaum ist natürlich eine coole und seit einem Jahr sehr gehypte Technik und unterstreicht hier gut den generell eher leichten, feinen Charakter des Cocktails. Der Pfeffer ist recht zurückhaltend und nur eine feine belebende Note im Abgang, hauptsächlich spielt er mit den Zitrusschalen des Tanqueray und den passenden Noten von grün-weißer Frische von Apfel und weißem Tee, sowie dem Zitronengras im Schaum wiederum. Silky und zen-artig.

Dass der Spagat aus sehr zugänglicher Bar und gleichzeitig dem Erhalt dessen, was auch das Toddy Tapper mit ausgemacht hat, so gut funktioniert hat, kann man Sam verdanken. Mich persönlich freut es sehr zu sehen, dass er nach der selbstgewählten Pause vor 2 Jahren wieder mit voller Motivation und Elan zurück ist und sich dem Projekt des Zest and Spice angenommen hat und weiter viel vorhat. Erste Events mit kleinem Foodpairing sind geplant und je nachdem wie was ankommt, soll bei besseren Temperaturen samstags vielleicht dann auch schon für Day-Drinking ab 14 Uhr geöffnet werden, count me in. Das Zest and Spice ist eine klasse Ergänzung der Kölner Barszene und wird dem eigenen Anspruch zwischen easy going und trotzdem auch mal komplexeren Aromen mehr als gerecht.

/rds


Next
Next

#46-49 | A Bar Tour of Málaga, Spain